Neue EU-Richtlinie:
Lohngleichheit für alle in Sicht?!
Traurig, aber wahr: Wenn’s ums Gehalt geht, schneiden Frauen hierzulande (immer noch) im Schnitt um 18,3 Prozent schlechter ab als ihre männlichen Kollegen. Damit bringt es Deutschland auf das viertgrößte Gender Pay Gap in der EU – trotz Entgelttransparenzgesetz und Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz. Doch nun leuchtet Licht am Ende des Lohntransparenz-Tunnels – und zwar ziemlich hell.
EU-Richtlinie für mehr Lohntransparenz
Am 24. April 2023 hat der EU-Rat neue Vorschriften zur Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern angenommen. Erklärtes Ziel der neuen Richtlinie ist es, Lohndiskriminierung zu bekämpfen und das geschlechtsspezifische Lohngefälle in der Europäischen Union abzubauen. Dazu werden folgende Maßnahmen ergriffen:
Leichterer Zugang zu Informationen für Arbeitnehmende
- Lohntransparenz bei der Stellenbesetzung: Arbeitgeber müssen in der Stellenausschreibung oder vor dem Vorstellungsgespräch das Einstiegsentgelt oder die Entgeltspanne offenlegen. Außerdem dürfen sie Bewerber:innen nicht mehr nach früheren Gehältern fragen.
- Auskunftsrecht: Arbeitnehmende haben das Recht auf Auskunft über die durchschnittlichen Entgelthöhen der Kolleg:innen mit gleicher oder gleichwertiger Arbeit. Dabei müssen die Kriterien transparent gemacht werden, die der Bestimmung des Entgelts und der Laufbahnentwicklung zugrunde liegen.
Neue Pflichten für Arbeitgeber
- Transparente Berichterstattung: Unternehmen müssen Informationen zu den gezahlten Gehältern veröffentlichen und der zuständigen nationalen Behörde zum Gender Pay Gap Bericht erstatten. In einem ersten Schritt sind Arbeitgeber mit mehr als 250 Mitarbeitenden dazu jährlich und Arbeitgeber mit mehr als 150 Mitarbeitenden alle drei Jahre verpflichtet.
- Gemeinsame Entgeltbewertung: Wenn das geschlechtsspezifische Lohngefälle größer als fünf Prozent ist und nicht durch objektive, geschlechtsneutrale Kriterien begründet werden kann, muss ein Arbeitgeber in Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmervertretung Maßnahmen in Form einer gemeinsamen Entgeltbewertung ergreifen.
Besserer Zugang zur Justiz für Lohndiskriminierungsopfer
- Schadenersatz: Betroffene von geschlechtsspezifischer Lohndiskriminierung haben Anspruch auf Schadenersatz – einschließlich der vollständigen Nachzahlung entgangener Entgelte und damit verbundenen Boni oder Sachleistungen.
- Beweislast: Nicht der Arbeitnehmende, sondern der Arbeitgeber ist künftig in der Pflicht, nachzuweisen, dass er nicht gegen die neuen EU-Vorschriften verstoßen hat.
What’s next? Der Weg zur finanziellen Gleichstellung
Gleiches Entgelt für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit – das ist eigentlich sogar eines der Grundprinzipien der EU, verankert in Artikel 157 AEUV und in der Richtlinie 2006/54/EG. Doch dessen Umsetzung und Kontrolle ist bislang eine echte Herausforderung. Wann wird also die neue Richtlinie für mehr Lohntransparenz ihre Wirkung zeigen? Mit Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union tritt sie in Kraft – und dann tickt die Uhr: Bis zu drei Jahre haben die Mitgliedsstaaten Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.
Das Bundesarbeitsgericht bittet schon jetzt zur Kasse
Bleibt also noch ausreichend Zeit, das Thema in Ihrem Unternehmen anzugehen? Bitte nicht! Schon jetzt kann ein Verstoß für Arbeitgeber teuer werden, wie jüngst das Bundesarbeitsgericht (Az. 8 AZR 450/21, 16.02.2023) entschied: Geklagt hatte eine Außendienstmitarbeiterin, die im Vergleich zu zwei Kollegen auf derselben Position weniger verdiente. Dass die Männer schlichtweg besser verhandelt hatten als sie, war für das Bundesarbeitsgericht kein Argument – und sprach ihr 14.500 Euro Entgeltnachzahlung plus Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund des Geschlechts zu.
Handlungsbedarf erkennen, Lohngleichheit schaffen
Jetzt sind also Sie gefragt: Wie steht es um die finanzielle Gleichstellung von Mann und Frau in Ihrem Unternehmen? Gibt es bei Ihnen vielleicht doch Handlungsbedarf? Besser, Sie nehmen Ihre Gehaltsstrukturen schon jetzt unter die Lupe – und verabschieden sich von geschlechtsspezifischen, absolut nicht mehr zeitgemäßen Lohngefällen. Das beugt auch gleich etwaigen Klagen oder Nachzahlungsansprüchen vor. Und: Gleicher Lohn bei gleicher Arbeit sollte doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, oder?
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