Nachhaltig? Aber sicher!
Warum kein Weg mehr (für HR) an CSR vorbeiführt
CSR ohne HR? HR ohne CSR? An Nachhaltigkeit im unternehmerischen Kontext führt kein Weg mehr vorbei – und die Personalabteilung sollte idealerweise auch bei diesem Thema eine Schlüsselrolle einnehmen. Doch worum geht es da eigentlich? Warum ausgerechnet HR, wie soll der Personalbereich dieser weiteren Herausforderung gerecht werden? Und wie finden und binden Unternehmen qualifizierte „Nachhaltigkeitsmanager:innen“? Wir haben dazu mit dem HR-Influencer und Personalberater Henrik Zaborowski gesprochen.
Henrik Zaborowski,
HR-Influencer und Personalberater
Foto: Lisa Leuchtmann
Fangen wir ganz vorne an: Was bedeutet Nachhaltigkeit überhaupt – und was verbirgt sich hinter CSR?
„Am besten lässt sich der Begriff Nachhaltigkeit vermutlich mit ‚Zukunftsfähigkeit‘ definieren. Es geht darum, so zu handeln und zu wirtschaften, dass alle Menschen heute und in Zukunft gut leben können. Also ohne Angst vor z. B. Klimakatastrophen, Hunger oder Hitze. Dazu gehören drei Aspekte: ökologisch fair, sozial gerecht und wirtschaftlich.“
Corporate Social Responsibility oder kurz: CSR greift den sozialen Aspekt heraus. Damit ist in erster Linie gemeint, dass ich mit meinen Mitarbeiter:innen fair und gerecht umgehe. Aber eben auch, ob auch die Mitarbeiter:innen meiner Dienstleister und Zulieferer gut behandelt und bezahlt werden. Und am Ende sollte ich auch die Gesellschaft und Bevölkerung im Blick haben: Wenn ich meine Mitarbeiter:innen zwar super behandele, aber zum Beispiel eine Region ökologisch ruiniere, sodass Menschen dort nicht mehr leben können, dann ist das nicht im Sinne von CSR.“
Wieso ist das Thema Nachhaltigkeit heute so viel wichtiger als noch vor zehn Jahren?
„Zum einen rennt uns die Zeit davon, wenn wir die Klimaerwärmung auf ein halbwegs erträgliches Maß eindämmen wollen. Das 1,5-Grad-Ziel werden wir sehr wahrscheinlich kaum noch schaffen, außer wir ändern jetzt sofort radikal unsere Art zu leben. Jedes Grad mehr wird eine Katastrophe!
Zum anderen geben Gesetzgeber und Investoren inzwischen strenge Richtlinien vor, was Unternehmen hinsichtlich Nachhaltigkeit beachten müssen und unter welchen Umständen sie noch Investmentkapital bekommen. Für Unternehmen, die kein nachhaltiges Geschäftsmodell haben, wird es in Zukunft sehr schwer werden. Dazu kommen Verbraucher:innen und Mitarbeiter:innen, die immer kritischer schauen, was Unternehmen machen – und im Zweifel Produkte oder Dienstleistungen boykottieren oder dort nicht arbeiten wollen. Ein Trend, der jetzt schon erkennbar ist und sich immer mehr verstärken wird.“
Warum muss gerade HR eine Schlüsselrolle für das Thema CSR einnehmen? Welche Gründe sprechen dafür, CSR bei HR zu verankern – und nicht etwa beim Marketing?
„Am Ende müssen alle Unternehmensbereiche Verantwortung übernehmen. Aber HR hat eine ähnliche Rolle wie CSR: Beide haben Bezugspunkte zu allen Abteilungen eines Unternehmens und sind Brückenbauer und Kommunikatoren. Außerdem verantwortet HR das Thema Personal, also auch Recruiting, Mitarbeiterbindung und Employer Branding. Hier wird in Zukunft immer mehr hinterfragt, wie nachhaltig ein Arbeitgeber wirklich ist. Es ist absolut sinnvoll, dass HR und CSR Hand in Hand gehen. Marketing hat gerade eine kleine Predigt von Klimaaktivistin Luisa Neubauer auf der OMR bekommen, oft noch nicht verstanden zu haben, was Nachhaltigkeit wirklich bedeutet.“
Ist die HR-Agenda nicht auch ohne Nachhaltigkeits-Aktivitäten schon lang genug?
„Ja, sicherlich. Aber das kann keine Ausrede sein. Außerdem soll HR ja nicht Nachhaltigkeitsprobleme vom Einkauf oder der Finanzabteilung lösen, sondern sich um das ureigenste HR-Thema kümmern: die Menschen. Hier geht es um gute Führungskultur, BGM, bessere Arbeitsbedingungen, faire Gehälter etc. Darum sollte sich HR schon immer kümmern – neu ist, dass wir diese Themen nicht mehr nebenbei laufen lassen können, sondern sie wirklich ernst nehmen müssen. Und ich glaube, das ist das größte Problem in der Nachhaltigkeitsdiskussion: Viele denken, das wäre wieder ein Hype und wollen nur oberflächlich ein bisschen was hübsch machen. Aber es geht hier an den Kern der Frage, wie ein Unternehmen geführt wird, wie es mit Menschen umgeht und welche Verantwortung es für Gesellschaft und Umwelt übernimmt. Ein Top Management, das vor allem dicke Gewinne einfahren will, wird in Zukunft geschäftsschädigend sein. Wer weiß, vielleicht trifft ja demnächst HR die Einstellungsentscheidungen über das Top Management?! Gut wäre es.
Deswegen ist es auch so wichtig, dass HR digitaler wird und weg aus der Admin-Ecke kommt. Reibungslose Gehaltsabrechnung, digitale Urlaubsanträge, Talentmanagement, E-Learning, digitale Personalakte: Es gibt inzwischen so viele Entlastungsmöglichkeiten für HR im administrativen Bereich – sie müssen nur genutzt werden. Damit mehr Zeit für die Menschen bleibt.“
Stichwort Skills: Was muss ein:e bei HR verankerte:r Nachhaltigkeitsmanager:in konkret können, um diesen Job erfolgreich auszufüllen?
„Es sind aus meiner Sicht die klassischen ‚People-Tugenden‘: kommunizieren, vernetzen, Menschen zusammenbringen, moderieren, inspirieren, Impulse setzen, aber auch mal gegen Widerstand arbeiten und Veränderungen begleiten. Und er/sie sollte in der Lage sein, sich schnell in komplett neue Themen so einzuarbeiten, dass er/sie Zusammenhänge versteht und mitreden kann.“
Wie gelingt es Arbeitgebern, diese Kandidat:innen zu finden und zu binden?
„Das ist die alte Antwort: Tue Gutes und rede darüber. Wenn ich als Arbeitgeber attraktive Arbeitsbedingungen biete, bleiben meine Mitarbeiter:innen erstens eher und zweitens spricht sich das rum, und ich werde für Bewerber:innen interessanter. Was genau attraktive Arbeitsbedingungen sind, ist sicherlich individuell. Die Big Points sind aber definitiv gute Führung, flexible Arbeitszeiten und -orte, ein faires Gehalt und eben auch ein nachhaltiges Geschäftsmodell.“
Zum Abschluss möchten wir Sie bitten, folgenden Satz einmal zu ergänzen:
CSR ohne HR ist …
„… wie Saatgut im Sturm säen: Irgendetwas wird zwar liegenbleiben, aber das meiste wird einfach wieder weggeweht und trägt keine dauerhaften Früchte.“
Vielen Dank für das Interview, lieber Herr Zaborowski!
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