Passt die 4-Tage-Woche zu Ihrem Unternehmen?

UPDATE 2025

Erste deutsche Studie zeigt Vorteile und Grenzen des Modells 

Vier Tage arbeiten bei vollem Gehalt: Das klingt reizvoll. Und eine aktuelle deutschlandweite Studie zeigt jetzt, dass dieses Modell tatsächlich funktionieren kann. Wie es die teilnehmenden Unternehmen schafften, das Produktivitätslevel auf gleichem Niveau zu halten, warum es Kritik an der Studie gibt und was Sie aus den Ergebnissen für Ihr Unternehmen mitnehmen können? Wir schauen für Sie ganz genau hin. 

Aufbau und Ziel der Studie 

Seit Februar 2024 hatten 45 Unternehmen aus ganz Deutschland an der sechsmonatigen Studie teilgenommen. Sie gehörten verschiedenen Branchen an und verfolgten alle das gleiche Ziel: bei gleichbleibendem Gehalt und gleicher Produktivität die Arbeit auf vier Tage pro Woche reduzieren. Es gab Kontrollgruppen, die im gleichen Unternehmen weiterhin auf das Fünf-Tage-Modell setzten. Dieses Pilotprojekt wurde von der globalen Organisation „4 Day Week Global“ und der Berliner Unternehmensberatung „Intraprenör“ initiiert, ein Team der Universität Münster hat die Studie durchgeführt. 

Die Auswirkungen der reduzierten Arbeitszeit haben die Forschenden dabei auf mehreren Ebenen untersucht: Sie führten Interviews mit den Mitarbeitenden und den Unternehmen, setzten auf quantitative Befragungen und sammelten physiologische Daten der Beschäftigten – zum Beispiel durch Smartwatches mit Fitness-Trackern und durch die Messung des Stresshormons Cortisol in Haarproben. Hinzu kamen Kennzahlen der Unternehmen, um die Auswirkungen auf der geschäftlichen Seite abzubilden. 

Was kam heraus? 

„Die Vier-Tage-Woche führte zu einer signifikant positiven Veränderung der Lebenszufriedenheit, die sich hauptsächlich durch die zusätzliche Freizeit ergab“, sagt Prof Dr. Julia Backmann, wissenschaftliche Leiterin des Projekts. Die Mitarbeitenden gaben an, dass sich ihre mentale und körperliche Gesundheit signifikant verbessert habe, sie hätten weniger Stress und Burnout-Symptome empfunden. Eine positive Wirkung zeigen auch die ausgewerteten Daten der Fitness-Tracker: Während der Vier-Tage-Woche haben sich die Beschäftigten jeden Tag mehr bewegt, außerdem schliefen sie im Schnitt 38 Minuten länger pro Woche als die Kontrollgruppe. 

Es gab vorab die Hoffnung, dass auch die Zahl der Krankmeldungen sank – das konnte sich aber nicht bestätigen. Es gab zwar einen leichten Rückgang der Krankentage pro Monat, der Unterschied zu 2023 war aber statistisch nicht signifikant. Und: Während bei ähnlichen Studien im Ausland herauskam, dass sich der ökologische Fußabdruck der Beschäftigten verringerte (zum Beispiel dadurch, dass sie weniger ins Büro fahren mussten), war das bei der deutschen Studie nicht der Fall. Stattdessen unternahmen die teilnehmenden Personen während der Vier-Tage-Woche mehr Inlandsreisen als früher. 

Insgesamt sind die Beschäftigten, die die Vier-Tage-Woche getestet haben, also sehr zufrieden mit diesem Arbeitsmodell. Der Studienleitung zufolge hatten 64 Prozent von ihnen vor dem Projekt den Wunsch, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Nach der Einführung der Vier-Tage-Woche sank dieser Wert auf unter 50 Prozent. Für die Beschäftigten und die persönliche Work-Life-Balance ist die reduzierte Arbeitszeit demnach (wenig überraschend) ein echter Gewinn. Doch wie ist die Auswirkung auf die unternehmerischen Erfolge und Business-Kennzahlen während dieser Zeit? 

Weniger arbeiten, Gleiches erreichen 

Kann es möglich sein, in weniger Arbeitszeit die gleiche Leistung zu erbringen? Wenn es nach dem Ergebnis der Studie geht, lautet die Antwort: Ja. Umsatz und Gewinn blieben in der Projektphase gleich (es gab sogar leichte Steigerungen, die aber nicht als statistisch signifikant gelten). Auch die Geschäftsführungen und die Mitarbeitenden geben in Befragungen an, dass sich die Produktivität während der Vier-Tage-Woche noch verbessert habe: „Tendenziell haben beide Seiten einen Produktivitätsanstieg wahrgenommen“, sagt Prof. Dr. Julia Backmann. Deshalb wollen viele der Unternehmen auch bei dem Modell der Vier-Tage-Woche bleiben: Mehr als 70 Prozent gaben an, die Testphase mit der reduzierten Arbeitszeit zu verlängern oder die Vier-Tage-Woche direkt fest im Unternehmen verankern zu wollen. 

Wie kommt es, dass die Beschäftigten an nur vier Tagen Arbeitszeit das Gleiche erreicht haben wie vorher in einer vollen Fünf-Tage-Woche? Überstunden wurden dafür nicht gemacht – vielmehr setzten die Unternehmen während der Projektphase auf diese Hebel, um die Produktivität zu steigern: 

  • Reduzierung von Ablenkung während der Arbeitszeit
  • Optimierung von Prozessen, um Zeit zu sparen
  • Anpassung der Meetingkultur: Häufigkeit und Länge interner Meetings reduzieren
  • Einführung neuer digitaler Tools, um die Effizienz zu steigern 

„Das Potenzial der verkürzten Arbeitszeit scheint unter komplizierten Prozessen, Meetings und geringer Digitalisierung zu schlummern“, sagt Carsten Meier, Co-Initiator des Projekts. „Unternehmen müssen in die notwendige Veränderungsarbeit investieren, um eine Vier-Tage-Woche herauszubekommen.“

Kritik an der Studie – und Grenzen der Vier-Tage-Woche

Das klingt bis hierhin vielleicht zu gut, um wahr zu sein. Und tatsächlich gibt es Kritik an der Studie und der positiven Interpretation der Ergebnisse. Ein Punkt: Die teilnehmenden Unternehmen konnten sich aktiv für die Teilnahme am Pilotprojekt bewerben, deshalb ist zu vermuten, dass vor allem solche Organisationen teilnehmen, die offen für eine Reduzierung der Arbeitszeit sind und bereits das Potenzial dafür im eigenen Unternehmen sahen. Eine Repräsentativität der Studie wurde von Anfang an nicht angestrebt. 

Außerdem zeigen die oben aufgezählten Punkte zur Produktivitätssteigerung, dass es nicht in erster Linie die reduzierte Arbeitszeit ist, die für höhere Leistung sorgt: „Die Effekte, die sich in solchen Studien zeigen, kommen nicht nur durch die Arbeitszeitreduktion selbst, sondern jeweils durch ein Maßnahmenpaket zustande“, sagt Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in der FAZ. Deshalb sei es nicht unbedingt möglich, einen kausalen Zusammenhang zwischen reduzierter Arbeitszeit und Effizienzsteigerung zu sehen.

Deutliche Kritik gibt es auch vom Geschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) Steffen Kampeter, der ebenfalls in der FAZ sagt: „Die Studie basiert auf einer kleinen Zahl von Unternehmen und ist zudem nicht repräsentativ für die deutsche Wirtschaft.“ Unternehmen im internationalen Wettbewerb hätten sich bewusst gegen eine Teilnahme entschieden. „Sie wissen, dass es Produktivitätsreserven in diesen Größen nicht gibt.“ Das bedeutet also: Nur Unternehmen, die mit Blick auf die Produktivität und effektive Nutzung der Arbeitszeit ohnehin noch Luft nach oben haben, können das bisherige Leistungsniveau in vier Tagen aufrechterhalten. Wer die Arbeitszeit schon jetzt mit maximaler Effektivität ausnutzt, kann nicht die gesamten To-dos in vier Tagen unterbringen.  

Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hat im Rahmen der Diskussion um die Vier-Tage-Woche den Fokus auf die nötige Produktivitätssteigerung gelegt – und ist skeptisch. „Es scheint illusorisch, den vollen Lohnausgleich für die Arbeitszeitreduzierung durch zeitnahe Produktivitätsfortschritte zu realisieren“, heißt es in einer Mitteilung. Denn wenn man die Produktivitätsentwicklung der letzten zehn Jahre in Deutschland betrachte, zeige sich eine gesamtwirtschaftliche Steigerung von 0,93 Prozent pro Jahr. Geht es so weiter, wäre erst im Jahr 2048 das benötigte Wachstum erreicht, um die Reduzierung der Arbeitszeit um 25 Prozent auszugleichen. Die Experten sehen die Vier-Tage-Woche also kritisch, auch wenn die Unternehmen im Pilotprojekt es bereits innerhalb von sechs Monaten schafften, die Produktivität auf gleichem Level zu halten. 

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Whitepaper „Die 4-Tage-Woche: Arbeitsmodell der Zukunft?”

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Wir haben uns für Sie umgehört, spannende Studienergebnisse (darunter die der großen deutschen Studie im Jahr 2024) zusammengestellt, Beispiele aus der Praxis für Sie ermittelt und einen Blick über die Grenzen Deutschlands hinausgeworfen. 
Und wer weiß: Vielleicht ermutigen die positiven Erfahrungen anderer Unternehmen verschiedenster Branchen auch Sie, für einige Monate ein Experiment zu wagen und das neue Arbeitszeitmodell mit Ihren Teams zu testen?!

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Kann die Vier-Tage-Woche auf Dauer klappen?

Was im Rahmen des deutschen Pilotprojekts offen ist: Wie wirkt sich der steigende Druck innerhalb der vier Arbeitstage dauerhaft aus? Denn klar ist, dass die Arbeitszeit in Summe zwar weniger wird, die einzelnen Arbeitsstunden aber vermutlich intensiver. „Vielleicht gibt es erst sehr viel später einen Kreativitätsabfall im Unternehmen oder die Verdichtung der Arbeit führt doch irgendwann zu Stress, wenn sie nicht nur temporär ist“, sagt Enzo Weber. 

In Großbritannien gibt es immerhin eine erste Folge-Studie mit positiven Ergebnissen: Dort hatten 2022 61 Firmen sechs Monate lang eine Vier-Tage-Woche bei gleichem Lohn eingeführt. Auch hier waren die Mitarbeitenden produktiver, es konnte sogar eine Umsatzsteigerung der Unternehmen festgestellt werden. Ein Jahr später hat eine Folgestudie untersucht, wie es nach Ende der Pilotphase weiterging: 54 der Unternehmen haben die Vier-Tage-Woche testweise weiter aufrechterhalten, bei 31 ist die Arbeitszeit bereits permanent auf vier Tage reduziert. 

Rund die Hälfte der Unternehmen hat an der Folgestudie teilgenommen, dabei kam heraus, dass in 82 Prozent der Fälle die Vier-Tage-Woche weiterhin einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden der Beschäftigten hatte. Bei der Hälfte der befragten Arbeitgeber hat sich durch die Vier-Tage-Woche die Fluktuation reduziert. Ein Drittel der Unternehmen gab an, dass sie einen positiven Einfluss im Recruiting spürten. Das sind also positive Zeichen für die Zukunft der Vier-Tage-Woche. 

Sollte Ihr Unternehmen auf die Vier-Tage-Woche setzen? 

All diese Zahlen und Einschätzungen zeigen: Es ist möglich, die Arbeitszeit pro Woche auf vier Tage zu reduzieren und trotzdem die gleiche Leistung zu erbringen. In welchem Unternehmen das der Fall ist, hängt allerdings stark von der Branche und von den aktuellen Arbeitsprozessen ab. Ist die Meetingkultur bereits jetzt auf Knappheit und Effektivität getrimmt? Haben Sie schon alle Prozesse optimiert und digitalisiert, um Zeit zu sparen? Müssen Ihre Beschäftigten bereits jetzt den ganzen Tag über Vollgas geben, um ihre Ziele zu erreichen? Dann könnte es eng werden, wenn all das an vier Tagen geschafft werden soll. Wenn Sie das Gefühl haben, da sei noch Luft nach oben, könnte die Vier-Tage-Woche ein Modell für sie sein. 

Wenn Sie genauer prüfen wollen, ob die Vier-Tage-Woche etwas für Sie ist, werfen Sie gern einen Blick in unser Whitepaper

Hier finden Sie neben Ergebnissen internationaler Studien auch Checklisten und eine Gegenüberstellung verschiedener Arbeitszeitmodelle.

Das hängt stark von der Branche ab, in der ein Unternehmen arbeitet. Für einen Busfahrer beispielsweise ist es nicht möglich, an nur vier Tagen die gleiche Anzahl an Strecken zu fahren. Auch in Branchen mit Schichtsystem und in service-orientierten Unternehmen, in denen fast rund um die Uhr Kunden bedient werden müssen, stößt die Vier-Tage-Woche an ihre Grenzen. Doch es gibt in der Diskussion um die Arbeitszeitreduzierung auch das Beispiel einer logopädischen Praxis, die eine Doppelbehandlung eingeführt hat: Dort wurden Schlaganfallpatienten zu zweit statt in Einzelsitzungen behandelt – was bei den Patienten sehr gut ankam und gleichzeitig dafür sorgte, dass die Mitarbeitenden einen Tag pro Woche reduzieren konnten. 

Manchmal helfen also kreative Lösungen, um die Vier-Tage-Woche in einem Unternehmen erfolgreich umzusetzen. Vielleicht fallen auch Ihnen Ansätze ein, wie Sie die Arbeitszeit sinnvoll auf vier Tage reduzieren können, ohne dass die Beschäftigten durch ständige Optimierung doch irgendwann ausbrennen? Einen Versuch ist es in jedem Fall wert – das bestätigt die Studienlage deutlich. 

Alle Informationen zur deutschen Studie zur 4-Tage-Woche 2024 finden Sie hier https://www.intraprenoer.de/4tagewoche

 

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